Schleswig-Holstein. In Schleswig-Holstein gibt es 19 Prozent mehr alkoholkranke Menschen als im Bundesschnitt. Das geht aus einer Auswertung des BARMER Instituts für Gesundheitssystemforschung (bifg) hervor. Demnach diagnostizierten Ärztinnen und Ärzte im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein bei 17 je 1.000 Personen eine Alkoholabhängigkeit. Der Bundesschnitt lag bei 14 je 1.000. Die geringsten Prävalenzen gab es in Rheinland-Pfalz mit 11 je 1.000 Personen, die höchsten in Bremen mit 22. „Die massiven regionalen Unterschiede bei der Alkoholabhängigkeit sind rein medizinisch nicht erklärbar. Hier dürften auch soziodemographische Faktoren eine Rolle spielen“, sagt Dr. Bernd Hillebrandt, Landesgeschäftsführer der BARMER in Schleswig-Holstein.  

In Schleswig-Holstein nimmt die Zahl der Alkoholmissbrauchsfälle laut der Barmer zu.

Babyboomer besonders häufig alkoholabhängig

Wie aus der BARMER-Auswertung weiter hervorgeht, waren im vergangenen Jahr in Schleswig-Holstein 31.100 Männer und 13.600 Frauen erwiesenermaßen alkoholabhängig. Dabei sind vor allem Menschen in der zweiten Lebenshälfte betroffen gewesen. So waren unter den 55- bis 60-jährigen Männern zuletzt knapp 5.000 alkoholabhängig und etwas mehr als 2.000 Frauen in derselben Altersgruppe. „Alkoholismus manifestiert sich in der Regel über viele Jahre und kommt vor allem in der Generation der Babyboomer der 50er- und 60er-Jahre vor. Neben individuellen Gründen und Schicksalsschlägen mag auch die Sozialisation eine Rolle spielen.

Alkohol hatte damals einen anderen Stellenwert, insbesondere in Zeiten des Wirtschaftswunders. Heute stehen in der Gesellschaft die Risiken viel stärker im Vordergrund“, sagt Hillebrandt. Gleichwohl sei die Zahl der Menschen mit der Diagnose Alkoholabhängigkeit in Schleswig-Holstein in den vergangenen fünf Jahren von 42.749 auf 44.701 Betroffene gestiegen, wobei es vom Jahr 2019 auf 2020 einen minimalen Rückgang gegeben habe. Dieser lasse sich mutmaßlich auf die Corona-Pandemiezurückführen und die Tatsache, dass weniger Menschen ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hätten. Dadurch seien einige Fälle auch unentdeckt geblieben.